Description
Post-postmoderne Intersubjektivität oder Geschichtenerzählen für Fort-Fortgeschrittene Ende der 1970er Jahre beschrieb Jean-Francois Lyotard den postmodernen Zustand des Individuums als Ungläubigkeit gegenüber großen Erzählungen. Damit war gemeint, dass der Anteil der menschlichen Realität, der aus intersubjektiven Fiktionen gestrickt wird, in eine schwere Krise geschlittert war – immer mehr Zweifel hatten sich breitgemacht, welche Autoritäten bemächtigt sein sollen, beispielsweise Definitionen von „Wissen“ festzumachen. Darüber hinaus wurde in Frage gestellt, ob eine eindeutige Definition von „realen“ Phänomenen überhaupt möglich ist. Jacques Derrida kreierte den Kunstbegriff „différance“, um darauf hinzuweisen, dass Bedeutung in den meisten Fällen durch Unterscheidung und unaufhörlichen Verweis entsteht, daher niemals eindeutig oder konstant sein kann. Aus diesen Beschreibungen wurde abgeleitet, wie fragmentiert, komplex und fluid sich das postmoderne Individuum in der menschlichen Realität bewegt. In unserem Workshop zur post-postmodernen Haltung des Individuums und seinen intersubjektiven Neigungen wollen wir insbesondere Bezug nehmen auf ideologische Entwicklungen, die die Menschenrechte und in weiterer Folge Berufsbilder wie die Soziale Arbeit betreffen. In der Post-postmoderne findet sich die Wissenschaft mehr denn je im Spannungsfeld zwischen den Konzepten der „Objektivität“, „Subjektivität“ und „Intersubjektivität“. Die Soziale Arbeit gründet sich auf der intersubjektiven Idee der Menschenrechte, sowohl als praktisches Berufsfeld als auch als methodisch-theoretische akademische Disziplin. Heinz von Förster, trotz oder möglicherweise aufgrund seiner naturwissenschaftlichen Geisteshaltung, beschrieb „Objektivität“ als Wahnvorstellung, die den Einzelnen hauptsächlich von Verantwortung entbindet. Technologische und wirtschaftliche Entwicklungen werden gerne nach vermeintlich objektiven Maßstäben bewertet. Bei der Auswertung statistischer Erhebungen tritt der Auswahlvorgang der Variablen in den Hintergrund, die Erhebungsergebnisse stehen nicht selten allein als „Fakten“ im Vordergrund. In einem solchen von Effizienzgedanken dominierten zeitgeistigen Klima fällt es dem Einzelnen noch schwerer, über Zusammenhänge zu philosophieren und individuell ganzheitlich zu erfassen. Ideologische Annahmen, die der Effizienz zugrunde liegen, bleiben oft verdeckt und werden einfach akzeptiert. Ein effizientes Verfahren ist aber notwendigerweise ein auf Ideologie basierendes Verfahren, das zudem eine ausschließende Methode darstellt – die ideologischen Annahmen geben das Ziel vor und Hindernisse auf diesem Weg werden ausgeräumt. In der Sozialen Arbeit wird momentan auch gerne kosteneffizient und lösungsorientiert gedacht. Im Sinne von William von Ockham mag diese Beseitigung von Ambiguität nach dem Parsimonitätsprinzip zur ultimativen Erkenntnis führen. Die Menschenrechtserklärung ist allerdings von Widersprüchen geprägt, genau wie der Erkenntnisprozess und das Handeln des menschlichen Individuums. Möglicherweise hat das Ambiguitätsprinzip dieselbe Berechtigung, besonders dort, wo Menschen leben und nach ihren eigenen Möglichkeiten und Bedürfnissen entscheiden können sollen.Period | 9 Jul 2019 |
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Event title | DACHS Tagung |
Event type | Workshop |
Location | Merseburg, GermanyShow on map |